Immer häufiger muss sich die Justiz mit Radfahrern beschäftigen, die angetrunken auf Radwegen unterwegs sind. Es herrscht nach wie vor weitgehende Unkenntnis darüber, dass man sich strafbar macht, wenn man mit über 1,6 Promille im öffentlichen Verkehr Rad fährt. Auch der Elberadweg, der fernab öffentlicher Straßen rechts und links von Wiesen begrenzt wird, ist öffentlicher Verkehrsraum!
Es gibt jedoch immer wieder Fälle, in denen die Sachlage nicht so eindeutig ist, wie sie auf den ersten Blick scheint. Und so hatte ein Mandant strafrechtliches Glück im gesundheitlichen Unglück. Das Landgericht Dresden sprach ihn vom Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr frei (Az: 10 Ns 704 Js 41873/06).
Der Mandant war im Juli 2006 nach einer sog. After-Work-Party gemeinsam mit zwei Freunden vom Biergarten „Elbsegler“ in Dresden in Richtung des Elberadweges gefahren, kurz davor auf der Wiese ins Straucheln gekommen, auf den Elberadweg gestürzt und bewusstlos liegen geblieben. Seine Freunde und eine Zeugin halfen ihm; Polizei und Rettungssanitäter wurden gerufen. Weil er auf dem Elberadweg lag und alkoholisiert war, wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Der Mandant erhielt einen Strafbefehl wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und sollte Strafe zahlen. Mit einer solchen Verurteilung wäre die Eintragung von 7 Punkten in Flensburg und die Anordnung einer MPU, eines sog. Idiotentests, verbunden gewesen – völlig unabhängig davon, dass der Mandant nicht mit einem Auto, sondern mit dem Rad unterwegs war. Allein entscheidend ist der Besitz einer Fahrerlaubnis! Außerdem drohte eine Regressnahme der Versicherung, weil vorsätzliches oder auch nur grob fahrlässiges Handeln des Versicherungsnehmers hierzu ermächtigt. Um das zu verhindern, musste reagiert werden.
Im Strafverfahren konnte dann nicht festgestellt werden, dass der Mandant bereits auf dem Radweg gefahren war, bevor er stürzte. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass er schon auf der Wiese stürzte und lediglich auf dem Radweg zum Liegen kam. Dieser Sturz (bei dem er sich recht schwer verletzte) führte letztlich zum zweitinstanzlichen Freispruch. Zwar hatte der Mandant die Absicht gehabt, auf den Radweg zu fahren. Eine versuchte Trunkenheitsfahrt ist jedoch nicht strafbar. Ein willentliches Fahren war in dem zweifellos ungewollten Sturz in den öffentlichen Verkehrsraum nicht zu sehen. Und da nur das Fahren, nicht aber das Stürzen strafbar ist, war der Mandant freizusprechen.