Im Jahre 2008 ging ein Strafverfahren vor dem Landgericht Dresden zu Ende (Az.: 2 Ns 616 Js 67655/04), das über mehrere Jahre sämtliche Instanzen beschäftigt hatte und letztlich zu einem rechtskräftigen Freispruch des Mandanten führte.
Freispruch nach dreieinhalb Jahren
Und wieder war es ein Fall, in dem eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation die Verteidigungsmöglichkeiten auf ein Minimum beschränkt hatte. Trotz entgegenstehender psychologischer Gutachten gelang es aber dem Verteidiger Rechtsanwalt Andrej Klein, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht, die Belastungszeugin der Lüge zu überführen (so das Oberlandesgericht Dresden im Revisionsbeschluss), zumindest jedoch unaufklärbare Widersprüche in ihren Aussagen aufzudecken (so das Landgericht Dresden in den Urteilen aus dem Jahr 2007 und – nach erneuter Verhandlung – 2008). Was war geschehen?
Mit Urteil des Jugendschöffengerichts Dresden vom 15.12.2005 war der Mandant wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Er soll im November 2004 mit einer damals 13jährigen Bekannten gegen dessen Willen Geschlechtsverkehr gehabt haben. Eine Gutachterin hatte ihr eine glaubhafte Aussage attestiert. Der Mandant bestritt jeglichen Zwang und darüber hinaus, das Alter der Zeugin gekannt zu haben. Allen Verfahrensbeteiligten vermittelte die Zeugin den Eindruck einer mindestens 16jährigen (sie war bereits mit 13 Jahren über 1,80m groß und ca. 95 kg schwer); die Zeugin behauptete jedoch, dem Mandanten ihr Alter gesagt zu haben. Im Berufungsverfahren brach zunächst der Vergewaltigungsvorwurf in sich zusammen. Die Zeugin musste einräumen, in sexuelle Handlungen eingewilligt zu haben. Darüber hinaus offenbarte ihre damals beste Freundin, dass die Zeugin im Anschluss an „die Tat“ bei ihr gewesen sei und lächelnd vom ersten „Sex im Auto“ gesprochen habe – kein Wort von einer Vergewaltigung. Das Landgericht hob infolge dessen den Vergewaltigungsvorwurf auf, verurteilte aber dennoch wegen des sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten.
Im Revisionsverfahren fand das Oberlandesgericht Dresden dann deutliche Worte (Az.: 2 Ss 655/07). Die Zeugin habe das Tatgeschehen „insgesamt mindestens sechs Mal eklatant widersprüchlich dargestellt“, sie habe bei der „Darstellung des Tatgeschehens gelogen“ und sie müsse „jedenfalls fünf Tatdarstellungen des Kerngeschehens erfunden haben“. Aus dem Urteil des Landgerichts Dresden erschließe sich nicht, warum das Gericht „trotz der offensichtlichen Lügen“ der Altersangabe der Zeugin dennoch geglaubt habe. Das OLG hob das Urteil auf und verwies die Sache an das Landgericht Dresden zurück.
Die Revision war von RA Andrej Klein auf Basis der BGH-Rechtsprechung geführt worden, wonach in Fällen wie diesem, bei denen Aussage gegen Aussage steht und sich die belastenden Angaben der Zeugin als zum Teil falsch herausstellen, objektivierbare Beweise außerhalb der Zeugenaussage vorliegen müssen, um dem Zeugen den Rest seiner Aussage doch glauben zu können. Solche Erkenntnisse waren nicht vorhanden. Der Mandant wurde im erneuten Berufungsverfahren freigesprochen und hat Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft.